Frankfurter Rundschau
24.02.2022

Gegen das Vergessen von Blanka Zmigrod und ihrer Geschichte

Renée Salzmann, die Tante von Blanka Zmigrod, spricht auf der Kundgebung über das Leben ihrer Tante. Sie trägt eine rote Jacke, hat kurze helle Haare und ist mit dem Banner "Blanka Zmigrod unvergessen" im Hintergrund zu sehen

Die Frankfurter Rundschau (FR) hat ihre Stimme in der Öffentlichkeit genutzt und eine Geschichte erzählt, die ohne den Publizisten Ruben Gerczikow und FR-Redakteur Hanning Voigts vermutlich in Vergessenheit geraten wäre: Es ist die Geschichte der Jüdin Blanka Zmigrod, die am 23. Februar 1992 im Alter von 68 Jahren im Kettenhofweg auf offener Straße erschossen wurde. Obwohl der Verdacht früh auf einen schwedischen Neonazi fällt, wird ihm erst Anfang 2018 der Prozess gemacht. Gerczikow und Voigts haben es sich seitdem zur Aufgabe gemacht, die Geschichte Blanka Zmigrods bekannt zu machen und dafür zu sorgen, dass sie unvergessen bleibt. Gestern, 30 Jahre nach dem Mordanschlag, wurde im Kettenhofweg eine Kundgebung gehalten und endlich eine Gedenktafel eingeweiht.

Dass es in Frankfurt selbst drei Jahre nach der Verurteilung ihres Mörders am 21. Februar 2018 kein offizielles Gedenken an die ermordete Zmigrod gibt, ist dem Frankfurter Juden und Publizisten Ruben Gerczikow unbegreiflich. Er startet 2021 die Initiative „Blanka Zmigrod unvergessen“ und fordert die Stadt Frankfurt in einer Online-Petition auf, „unserer ehemaligen Bürgerin Blanka Zmigrod ein würdiges Andenken zu ermöglichen und die Erinnerung an diese lebensfrohe, starke und mutige Frankfurter Persönlichkeit hochzuhalten“. Außerdem organisiert er eine erste Kundgebung zum 29. Jahrestag des Mordanschlags. Die Frankfurter Rundschau greift die Geschichte auf und trägt über eine breite Berichterstattung dazu bei, dass Gerczikow Gehör findet.

„Wir sprechen immer über die Täter, aber nicht über die Opfer“, bedauert Hanning Voigts. Er freut sich daher sehr, als Renée Salzmann, eine Nichte von Blanka Zmigrod, die in Israel wohnt, von der Initiative hört und im letzten Jahr Kontakt mit Gerczikow und Voigts aufnimmt. „Wir haben uns lange und intensiv ausgetauscht. Sie hat uns die bewegte Geschichte ihrer Tante erzählt“, so Voigts. Auch Leon Sztabelski, Salzmanns Bruder und Zmigrods Neffe, hat sich gemeldet und die Erinnerungen an seine Tante mit Gerczikow und Voigts geteilt. Voigts, der sich der Sache verschrieben hat, Blanka Zmigrods jahrzehntelang vergessene Geschichte nachträglich zu erzählen, veröffentlicht daraufhin folgenden bewegenden Artikel:
fr.de/zmigrod-deutsch

Gestern, am 30. Jahrestag des Mordes an Blanka Zmigrod, wurde nun endlich im Rahmen eines feierlichen Festakts eine Gedenktafel im Kettenhofweg eingeweiht. Auch Renée Salzmann aus Israel und Leon Sztabelski aus Neuss sind angereist. Sie sei froh, so Salzmann, dass an ihre Tante erinnert werde. „Möge Blankas Schicksal für alle eine Erinnerung sein, dass niemand in Vergessenheit gerät.“ Damit die Geschichte von Blanka Zmigrods Schicksal in die Welt getragen werden kann, hat die FR auch eine hebräische Fassung des Artikels erstellt:
fr.de/zmigrod

Die Übersetzung, die die FR auch als politisches Statement verstanden haben will, aktiv gegen das Vergessen anzukämpfen, freut Salzmann sehr. Denn so können auch ihre Verwandte, Freunde und Bekannte lesen, was mit Blanka Zmigrod geschehen ist.


Bildunterschriften
:

  • Renée Salzmann spricht auf der Kundgebung über das Leben ihrer ermordeten Tante
  • Ruben Gerczikow, Leon Sztabelski und Renée Salzmann bei der Gedenktafel für Blanka Zmigrod


Bildquelle
: Christoph Boeckheler


Über die Frankfurter Rundschau

Zukunft hat eine Stimme. Die Mutigen sind in der Frankfurter Rundschau (FR). Für ihre Leserinnen und Leser schreibt die FR mit einer eigenständigen, klar erkennbaren links-liberalen Stimme. Dazu gibt sie täglich Orientierung und sorgt für emotionale Bindung und faktenbasierte Widerhaken im Hirn. fr.de