Frankfurter Rundschau
09.12.2022

Premiere des „Werner Holzer-Preises“ für ausgezeichneten Auslandsjournalismus | Preisträgerin 2022 ist Katrin Eigendorf

Die Preisträger:innen des ersten Werner Holzer-Preises 2022 mit Urkunden: Andrea Böhm (Die Zeit), Katrin Eigendorf (ZDF) und Christoph Reuter (Der Spiegel).

Als klares Zeichen gegen den Trend, Auslandsberichterstattung zu reduzieren oder sie in ihrer journalistischen Vielfalt einzuschränken, haben die Karl-Gerold-Stiftung und die Frankfurter Rundschau erstmalig den „Werner Holzer-Preis“ für Auslandsberichterstattung vergeben. Mit insgesamt 20.000 Euro werden zwei Journalistinnen und ein Journalist geehrt, die im Auslandsjournalismus über einen längeren Zeitraum hinweg Maßstäbe gesetzt haben: Den 1. Preis und 10.000 Euro hat Katrin Eigendorf (ZDF) gewonnen. Jeweils 5.000 Euro erhielten die beiden gleichberechtigten Zweiplatzierten Andrea Böhm (Die Zeit) und Christoph Reuter (Der Spiegel).

 

Der erste Werner Holzer-Preis für herausragende Auslandsberichterstattung ist am 9. Dezember im Kaisersaal des Frankfurter Römers in einer feierlichen Preisverleihung vergeben worden. Dr. Richard Meng, Vorsitzender des Kuratoriums der Karl-Gerold-Stiftung, unterstrich in seiner Begrüßungsrede die zentrale Bedeutung für die Zukunft der Demokratie, internationale Entwicklungen kontinuierlich und aus unterschiedlichen Perspektiven zur Kenntnis zu nehmen. Der Preis solle immer wieder daran erinnern, dass unsere Sicht auf die Welt davon lebt, ausführlich, gründlich, kenntnisreich und kritisch über die Entwicklungen in anderen Ländern informiert zu werden.

 

Werner Holzer, langjähriger Chefredakteur der Frankfurter Rundschau und Namensgeber des neuen Preises, bereiste als Reporter zehn Jahre lang Afrika, die USA, Vietnam, den Nahen Osten und die Krisengebiete Europas. „Die Wahrheit ist nicht leicht zu finden, hat Werner Holzer der FR mitgegeben“, sagt Thomas Kaspar, Chefredakteur der FR. „Aus diesem Geist heraus haben wir zusammen mit der Familie Holzer den Preis entwickelt. Denn gerade in einer Zeit der schnellen Verbreitung von Informationen über die sozialen Medien, ist es wichtiger denn je sich aus erster Hand informieren zu können.“

 

Die Preisträgerinnen und Preisträger

Erste Gewinnerin des Werner Holzer-Preises 2022 ist Katrin Eigendorf (ZDF). Der Juryvorsitzende Dr. Dr. Michel Friedman begründete die Juryentscheidung wie folgt: „Auslandskorrespondenten, die aus Kriegsgebieten berichten, sind eine der wenigen Optionen, gegen die Kriegspropaganda aufzuklären. Sie riskieren ihr Leben für den freien Journalismus. Die Preisträgerin schafft es mit professionellem Engagement, die furchtbaren Informationen des Krieges mit Geschichten der angegriffenen Opfer zu verknüpfen. Sie erzählt vom Schicksal dieser Menschen und ordnet diese im politischen Kontext ein. Sie traut sich, der Informationspflicht emotionale Momente hinzuzufügen. Glaubwürdig. Das macht sie so besonders.“ Katrin Eigendorf ist Reporterin im Reporterpool der ZDF-Hauptredaktion Aktuelles mit Berichterstattungsschwerpunkten in Afghanistan, der Ukraine, Russland, Libanon, Irak und der Türkei. 2021 berichtete sie aus Afghanistan über die Rückkehr der Taliban, seit Ende Februar 2022 informiert sie die ZDF-Zuschauenden über den Krieg in der Ukraine. Katrin Eigendorf ist vielfach ausgezeichnet worden – zuletzt erhielt sie den Grimme-Preis 2022 für „besondere journalistische Leistung“.

 

Für die 2. Preisträgerin Andrea Böhm (Die Zeit) fand Laudatorin Özlem Topçu (Die Zeit) wertschätzende Worte: „Andrea Böhm ist buchstäblich eine Weltreporterin – es gibt kaum eine Region, von der aus sie nicht berichtet hat. Über die sie nichts zu schreiben oder zu sagen hätte. Und mit jedem Text hat man das Gefühl: Da eröffnet eine einem die Welt, bricht die herkömmlichen Vorstellungen von Ländern und Menschen und legt dem Weltbild immer neue Mosaiksteine hinzu.“ Andrea Böhm blickt auf eine langjährige Erfahrung als Auslandskorrespondentin in zahlreichen Ländern ihres Berichtsgebiets zurück. Sie war von 1992 bis 1997 und von 2000 bis 2005 als Korrespondentin und Reporterin in den USA tätig. Seit 2006 ist sie im Politik-Ressort der ZEIT und viel in Sub-Sahara-Afrika unterwegs. Von 2013 bis 2018 war sie Nahost-Korrespondentin mit Sitz in Beirut, wo sie sich in eigenen Worten „auf den geballten Wahnsinn dieser Zeiten“ eingelassen hatte und viel zu häufig von Krisen und Kriegen erzählen musste.

 

Laudatorin Antje Maren Pieper (ZDF) würdigte den zweiten Zweitplatzierten Christoph Reuter (Der Spiegel): „Es gibt wohl kaum einen Auslandsreporter, der sich derart tief mit einer Region beschäftigt hat wie Christoph Reuter. Er blieb, als viele schon weg waren aus Syrien und oder Afghanistan. Und kam immer wieder. Nicht nur reportierend, auch mit der scharfen Analyse der politischen Entwicklung, wo viele andere längst den Überblick verloren hatten. Auch in den Ländern, über die er berichtet, genießt er größten Respekt und wird für seine Kenntnis über die jeweiligen Kulturen sehr geschätzt.“ Seit Jahrzehnten berichtet Christoph Reuter für das Nachrichtenmagazin SPIEGEL aus den Krisenregionen der islamischen Welt. Seit 2011 liefert er vor allem Informationen aus und über Syrien, aber auch aus dem Irak und Afghanistan – und zuletzt aus der Ukraine. Christoph Reuter ist studierter Islamwissenschaftler und spricht fließend Arabisch.

 

Der nächste Werner Holzer-Preis wird Ende des Jahres 2023 verliehen.

 

Bild: Die Preisträgerinnen und Preisträger des 1. Werner Holzer-Preises: Andrea Böhm, Katrin Eigendorf und Christoph Reuter (v.l.n.r.). Fotografin: Monika Müller

 

Über den Werner Holzer-Preis
Der Werner Holzer-Preis wurde 2022 von Thomas Kaspar, Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, ins Leben gerufen und zeichnet profilierte Persönlichkeiten aus allen journalistischen Berufsfeldern aus, die über einen längeren Zeitraum hinweg Maßstäbe im Auslandsjournalismus gesetzt haben – insbesondere durch eine beispielgebende Eigenständigkeit bei der Themenauswahl und der Darstellung aus einer unverwechselbaren Perspektive. Der Preis wird künftig einmal jährlich an mindestens eine Person verliehen. Eine Bewerbung ist nicht möglich – die fünf Jurymitgliederinnen und -mitglieder haben ein Vorschlagsrecht und nominieren pro Jahr bis zu drei Vorschläge für geeignete Persönlichkeiten. Sie bestimmen in einer Abstimmung den endgültigen ersten Platz und mögliche weitere Preise mit minimal einfacher Mehrheit. In diesem Jahr gehörten der Jury an: Der Jury-Vorsitzende Dr. Dr. Michel Friedman (Philosoph, Publizist, Autor und Moderator) sowie Antje Maren Pieper (ZDF), Özlem Topçu (Der Spiegel), Natalie Amiri (Bayrischer Rundfunk) und Thomas Kaspar (Chefredakteur FR). werner-holzer-preis.com

 

Über die Frankfurter Rundschau
Zukunft hat eine Stimme. Die Mutigen sind in der Frankfurter Rundschau. Für ihre Leserinnen und Leser schreibt die FR mit einer eigenständigen, klar erkennbaren links-liberalen Stimme. Dazu gibt sie täglich Orientierung und sorgt für emotionale Bindung und faktenbasierte Widerhaken im Hirn. fr.de

 

Über die Karl-Gerold-Stiftung
Seit 1975 fördert die Karl-Gerold-Stiftung einen engagierten, der Demokratie und sozialen Gerechtigkeit verpflichteten Journalismus. Karl Gerold, langjähriger Chefredakteur und Herausgeber der FR und Stiftungsgründer, hat in der Stiftungsverfassung festgeschrieben, dass sie die Haltung der Frankfurter Rundschau, wie sie von ihm als Herausgeber, Verleger und Chefredakteur geprägt ist, erhalten solle. Die FR solle eine „unabhängige, politisch engagierte, linksliberale Tageszeitung, verpflichtet dem Geist des Grundgesetzes und den Menschenrechten und ständig eintretend für das unbedingte Prinzip der Demokratie und für soziale Gerechtigkeit“ bleiben. Auch die überregionale Verbreitung hat Karl Gerold in der Satzung verankern lassen. Stiftungszweck ist die Förderung von Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, der im Wesentlichen durch die Vergabe von Studienstipendien und Reisestipendien für Nachwuchsjournalisten erfüllt wird. karl-gerold-stiftung.de